Habemus dingens
Papst Franziskus I.: Theologisch gemäßigt, ultra-rechts, reformbereit, erzkonservativ, bescheiden, liberal, „back to the basics“, weltoffen, homophob, „Kardinal der Armen“, Sexist. Alles dabei, was man als Chef der römisch-katholischen Kirche so braucht.
Die erstaunlich vielfältigen Eigenschaften, die dem Herrn Jorge „Menschenrecht ist relativ“ Bergoglio in den diversen Kommentaren anlässlich seiner Wahl zum Chefhirten so zugeschrieben werden, weisen ja auf einen richtiggehenden Tausendsassa hin. Wir werden sehen, was er in seiner Amtszeit mit der Kirche so anricht… unternimmt.Der beruhigende Aspekt der ganzen Angelegenheit ist und bleibt: Es ist – nüchtern betrachtet – sowas von wurscht. Der Einfluss, den die Kirche und in weiterer Folge deren Oberhaupt auf unser Alltagsleben hat, ist in unseren Breiten – so überhaupt erkennbar – maximal überschaubar. Diejenigen, die bisher im Glauben bzw. der Kirche Halt und Geborgenheit gefunden haben, werden dies auch weiterhin finden. Diejenigen, die Religion keinerlei Wert beimessen, werden ebenfalls weiterhin amüsiert auf das folkloristische Treiben der Kirchen blicken. Und all jene, die sich zwischen den beiden Polen bewegen, werden sich auf die eine oder andere Weise mit dem neuen Häuptling arrangieren.
Ein paar kleine Unstimmigkeiten in der Vita des Herrn Bergoglio werden zwar voraussichtlich noch einige Zeit als Themen mit großen Fragezeichen am Tisch liegen (etwa seine Rolle in der Zeit der Argentinischen Militärdiktatur » siehe hier, seine teils menschenverachtenden Äußerungen gegenüber Homosexualität) und – last but not least – seine aufschlussreichen Einschätzungn der Rolle der Frauen (siehe Grafik bzw. hier).
Das ist aber selbstverständlich nicht gerade ein Alleinstellungsmerkmal, schließlich darf getrost davon ausgegangen werden, dass es ohnehin keinen einzigen hochrangigen Kirchenvertreter gibt, der nicht zumindest ein ganz kleines bisschen Dreck am Stecken hat. Sei es ein nicht einwandfrei aufgearbeiteter Missbrauchsskandal, die Nähe zu dubiosen Vereinigungen innerhalb der Kirche (Stichwort: Piusbruderschaft), irgendwelche politischen Fragwürdigkeiten oder was auch immer.Endlich wieder Ruh’…
Hauptsach‘, die Katholiken sind wieder ein paar Jahre zufrieden und wir können uns relevanten Dingen zuwenden.
Und nachdem der Herr Bergoglio auch nicht mehr ganz so taufrisch ist, dürfen wir in absehbarer Zukunft erneut das Spektakel des Konklaves erleben. Die Medien werden wieder erfüllt sein von wildesten Spekulationen, die naturgemäß (Kardinäle sind keine Plaudertaschen) jeder sachlichen Grundlage entbehren, wir werden stundenlang Bilder von Kaminrohren (mit oder ohne Rauch) gezeigt bekommen und die Kritiker dürfen sich auch wieder hingebungsvoll echauffieren, wieso dem Thema überhaupt so viel Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Der Gutteil der Menschen verfolgt eine Papstwahl ohnehin eher mit der Aufmerksamkeit, die man einer opulent zelebrierten Monarchensprösslingshochzeit oder einem sportlichen Großereignis beimisst. Nett zu sehen, aber auch nichts, wofür man spannendere Dinge hintanstellen muss.
Und es bleibt, was es ist: Ein herrlich zelebriertes Ritual. Halleluja!