Die Trumpisierung des Abendlandes
Es ist ja beinahe zum „Zerwuzeln“. Ein paar Tage ist die neue Regierung in Österreich erst im Amt und schon werden wir vertrumpt, wo es nur geht. Die Geschwindigkeit der abrupten Wechsel zwischen jubelnden und betretenen Gesichtern ist geradezu atemberaubend.
Die „Arbeitszeitflexibilisierung“ mit „freiwilligen betrieblich vereinbarten“ 12h Tagen (bei reduzierter Ruhezeit, dafür jedoch als Ausgleich eingeschränktem Lohnausgleich), wurde aus mir nicht näher bekannten Gründen mehr oder weniger schulterzuckend akzeptiert (Hinweis: Ja, ich weiß, dass das heillos zerfledderte Paragraphendickicht „Arbeitsrecht“ nicht nur für Kurz und Strache ein Buch mit sieben Siegeln ist).
Die demokratiepolitisch einigermaßen bedenkliche Vereinigung beider wesentlichen bewaffneten öffentlichen Körperschaften (inklusive Geheimdienste und Verfassungsschutz) bei einer Partei haben die Meisten vermutlich gar nicht so recht mitbekommen.
Dann gab’s noch das medial groß inszenierte „Das Rauchverbot wird gekippt!“. Die Wirte (und die mit etwas weniger Weitblick und Intellekt Gesegneten unter den TürkisblauwählerInnen) jubelten hingebungsvoll, dann folgte ein paar Tage später die Info, dass Wirte künftig „Strafsteuer“ zu bezahlen haben, wenn sie tatsächlich Raucherbereiche anbieten. Die sprichwörtliche „Krot'“ fressen somit nach wie vor die Gastronomen (und in weiterer Folge ihre Gäste).
Arbeit macht frei?
Jüngst kam das freudenstrahlende „Wir entlasten die kleinen und mittleren Einkommen!“ – wieder frenetischer Applaus der orthodoxen Türkisblauianer. Kaum zwei Stunden danach wurde prompt vorgerechnet, dass mehr als 40% aller Erwerbstätigen (nämlich alle diejenigen, die weniger als 1.324€ pro Monat verdienen) keinen Cent davon sehen werden, die etwas besser Verdienenden sparen zwischen großartigen 30€ und epochalen 50€ monatlich, Menschen mit höheren Einkommen dafür völlig adimensional mehr. Nur ein konkretes Beispiel: Familien mit Kindern können diese von der Steuer absetzen. Zahlt man wenig Steuern (weil man klein oder mittel verdient), bringt das natürlich wenig bis nichts. Verdient man gut oder gar sehr gut, sind das jährlich bis zu 1.500 Euro, die man rückerstattet bekommen kann. Bis zum 18. Lebensjahr ist also ein Kind wohlhabender Eltern locker 27.000€ „wert“, ein Kind einer Teilzeitkraft … ungefähr … grob geschätzt … nix.
Obendrein – nachdem ja Kurz & Strache in all ihrem Weitblick irgendwie immer noch vom längst zur Phantasie verkommenen Konzept einer „Vollbeschäftigung“ zu träumen scheinen – kommt jetzt tatsächlich auch noch das angekündigte HartzIV-Äquivalent, das ebenfalls – vor allem und ganz massiv – die weniger Gebildeten Arbeitssuchenden treffen wird – und das sind – auch wenn das für Viele jetzt total überraschend sein wird – nicht nur die bösen Asylanteng’frasta.
Origineller Teilaspekt hierbei (und selbstverständlich kaum wo zu lesen): Arbeitssuchende, die nach einem Jahr Arbeitslosengeldbezugs keine Anstellung gefunden haben (was natürlich auch wieder weniger gut Ausgebildete jenseits der 45-50 Lebensjahre treffen wird), müssen Auto, Wohnung und – das darf und muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – sämtliche Ersparnisse (bis auf etwas mehr als 4.000 Euro) veräußern, andernfalls gibt’s nämlich gar keine Unterstützung.
Aber das ist natürlich keine Enteignung! Pah, mitnichten! Eine „Enteignung“ wäre ja bekanntlich die angedachten 25% Erbschaftssteuer auf geerbte Barvermögen von mehr als einer Million Euro (weshalb selbige natürlich – suprise! – nicht kommen wird).
Verteilungslogik in türkisblau
Konzerne kriegen übrigens reichlich Zuckerln (in Form von Körperschaftssteuersenkung (bei der wir ohnedies bereits im unteren EU-Mittelfeld liegen) und anderen „wettbewerbsfördernden“ Maßnahmen (darunter etwa 3-5 Milliarden Euro durch besagte KöSt-Freiheit bei nicht entnommenen Gewinnen) zugeschoben. Hier gab es überraschenderweise kaum Jubel in der Bevölkerung (wie denn auch, in Krone, Oesterreich und heute stand davon ja – erstaunlicherweise – nichts).
Noch ein Beispiel? Gerne: Auch Eigentümer von Mietshäusern werden großzügig beschenkt, es werden Gebühren gestrichen und den Mietern massive Steine in den Weg gelegt (etwa bei der Weitergabe einer Wohnung an Kinder, die erheblich eingeschränkt wird – wurscht ob das Kind in der Wohnung gelebt hat oder nicht).
Ich persönlich bin ja langsam schon richtig gespannt, wann die allgemeine Krankenversicherung am populistischen Radar von Kurz, Strache und ihren Spießgesellen auftaucht…
Die Freude wird nur kurz währen (pun intended)
Ob es für die Kurz-Strache-WählerInnen in den kommenden Monaten und Jahren immer noch ein ausreichend großer Trost sein wird, dass es bei all dem Unfug eh noch immer Menschen gibt, denen es _noch_ dreckiger geht als ihnen selbst?
Meine persönliche Befürchtung: unzensuriert.at, das Medium des künftigen Kommunikationschefs des Innenministeriums (so eine Art „Nano-Breitbart“) und Oesterreich bzw. Krone werden das ihre dazu beitragen, dass sich da nicht allzu viel ändert.
Nö, über Trump brauchen wir uns echt nicht mehr lustig zu machen. Wir haben uns unsere ganz eigenen Trumps in die Regierung geholt – inklusive Mini-Ausgaben der Geistesgrößen Mnuchin, Bannon, Conway und all den anderen grauslichen Gesellinnen und Gesellen.
Achievment unlocked.
(Bild: orf.at, Screenshot von der Ausstrahlung des Interviews am Mo., 18.12.2017)