Ethik vs. Politik: Ein zwingender Widerspruch?
Ethik und Moral sind keine relevanten Maßzahlen in der Politik. So trist dieser Umstand auch sein mag, wird er dennoch von einer breiten Mehrheit als quasi unabdingbar hingenommen. Wenn Fälle wie Meischberger, Grasser, Hochegger, Amon, Rumpold und schier unzählige andere mehr in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss beleuchtet werden, bleibt der Gesichtspunkt „Anstand“ wie so oft auf der Strecke. Erhoben wird lediglich, ob strafrechtliche Relevanz bei den teils unfassbaren Vergehen vorliegt oder nicht. Das wir dauf Dauer einfach nicht reichen.
Fast 100.000 Euro für eine Pressekonferenz, etliche Millionen für extrem überschaubare (und schlussendlich als gänzlich falsch erkannte) Analysen, ebenso zahllose wie ominöse Studien um jeweils zigtausend Euro. Unsummen wechseln ohne nennenswerte Gegenleistung die Besitzer. Und werden die Akteure in diesem sumpfigen System vor einem U-Ausschuss zu solch dreisten Vorgängen befragt, entschlagen sie sich hingebungsvoll der Aussagen, Erinnerungslücken im Ausmaß des Grand Canyon tun sich auf und überhaupt seien ohnehin „die Anderen“ masszuregeln, die da garstig mit Schmutzkübeln hochanständige Menschen besudeln.
Ich sehe ein, dass öffentliche Aufträge mehr Kosten aufwerfen als private. Eine Homepage für das Parlament darf zurecht mehr kosten als die eines privaten Unternehmens vergleichbaren Aufwands. Da gibt es andere Haftungsfragen, andere Priorisierungen, möglicherweise andere Anforderungen an Sicherheit, Redundanz oder was auch immer. Geschenkt. Da mögen auch Studien, Konzeptpräsentationen und „Erstellung und Umsetzung von Bildern“ sowie „Druckkostenbeiträge“ ein wenig höherpreisig sein. Auch das ist in einem gewissen Ausmaß hinzunehmen.
Aber irgendwo gibt es aber dann doch eine Grenze des Erträglichen und die kann keinesfalls erst dort zu liegen kommen, wo das Strafrecht einsetzt.
Wenn schon „Ethik“ als zugegebenermaßen schwer in allgemeingültiger Konsequenz definierbarer Wert in diesem Zusammenhang nicht zur ihrer meines Erachtens zustehenden Geltung kommt, dann sollten doch wenigstens Ansätze von Vernunft Einzug halten. Etwa bei der Telekom, die einerseits Millionenbeträge in die Anfütterung vorübergehender Machthabender investiert, im selben Atemzug jedoch tausende Menschen auf die Straße setzt. Das kann doch auf Dauer nicht gut gehen – sprich unter der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle verbleiben. Sollte man zumindest meinen.
Fragen über Fragen
Wie kann es sein, dass sich die Menschen (konkret die hartnäckigen Wähler der betreffenden Parteien) so blenden lassen? Wieso wird es quasi als Naturgesetz hingenommen, dass alle, die einmal ein wenig im politischen Marionettentheater mitspielen dürfen, sich überall wie selbtsverständlich bedienen und nach Gutdünken (nicht nur, aber auch zu großen Teilen) Steuergelder unter ihren „Freunden“ verteilen?
Und wieso kommt all das nicht fühlbar in der breiten Öffentlichkeit an, obwohl es mit enormen medialen Echo verbreitet wird? Wieso bekommen solche Menschen auch nur eine einzige Wählerstimme außer der eigenen? Wie muss ein Wähler ticken, der immer noch davon ausgeht, dass es sich bei den ans Tageslicht gespülten Extrembeispielen lediglich um korrupte Einzeltäter handelt und wider besseren Wissens allen Anderen Generalamnestie erteilt?
Mir fallen zwar auf Anhieb eine Reihe von Erklärungsmodellen ein (bis hin zum Stockholm-Syndrom), aber kaum eines davon ist sonderlich wohlwollend oder gar charmant…