Franziskus und die Frauen – (k)ein Trauerspiel?
Ein frauenfeindliches Zitat des neu gewählten Papstes geht seit Kurzem durch die Social Media (u.a. hier). Nach Bekanntwerden seiner – zweifelsfrei zitierfähigen – überwuzelten Einstellung gegenüber Homosexuellen („Angriff auf den Plan Gottes“) oder Schwangerschaftsabbrüchen, gibt er auch mutmaßlich (die Authentizität des Zitates ist mittlerweile mehr als unklar!) auch hinsichtlich Geschlechterrollen zu verstehen, wie schlicht sein Weltbild gestrickt ist.
Das Kundtun von Zweifel an der Echtheit ist übrigens keineswegs unerwünscht. Ich freue mich vielmehr über etwaige Richtigstellungen! Einschränkend sei schließlich festgehalten, dass es trotz aller zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten gar nicht so einfach ist, die Authentizität eines solchen Zitats festzustellen. Ich erinnere an dieser Stelle an den großartigen Satz von Abraham Lincoln „The thing about quotes on the internet is that you cannot confirm their validity.“
Ich habe mich einen Augenblick umgesehen wie die Quellenlage aussieht und habe auf die Schnelle folgende möglicherweise relevanten Pages gefunden:
Bestätigung
http://www.vaticancrimes.us/2013/03/jorge-bergoglio-pope-francis-women-are.html
Hier beruft sich der Autor auf die Argentinische Nachrichtenagentur Télam, der zufolge es sich um ein Zitat von Juni 2007 handeln solle.
Buenos Aires, June 4, 2007 (Telam) – Cardinal Jorge Bergoglio, Archbishop of Buenos Aires, said that „women are naturally helpless to exercise political positions“, referring to the presidential candidacy of Senator Cristina Fernández de Kirchner. „The natural order and the facts show us that man is the being for politics by excellence; the Scriptures show us that the woman is always the support of the thoughtful man and and doer, but nothing more than that“.
Original Spanish version of the publishing:
Buenos Aires, 4 de junio (Télam) – El arzobispo de Buenos Aires, cardenal Jorge Bergoglio, afirmó que „las mujeres son naturalmente ineptas para ejercer cargos polÃticos“, refiriéndose a la candidatura presidencial de la Senadora Cristina Fernández de Kirchner. „El orden natural y los hechos nos enseñan que el hombre es el ser polÃtico por excelencia; las Escrituras nos demuestran que la mujer siempre es el apoyo del hombre pensador y hacedor, pero nada más que eso“.
Source: News Agency Telam June 4, 2007
Widerlegungen
http://www.outono.net/elentir/2013/03/14/difunden-en-la-red-un-bulo-misogino-para-desprestigiar-al-papa-francisco/
Hier wird gemutmaßt, dass ein solches Zitat bereits damals größere Wellen geschlagen haben müsste, davon aber nicht viel bemerkbar sei. Ich mag mich selbstverständlich täuschen, aber aus meiner persönlichen Sicht hätte eine nationale Nachrichtenagentur desjenigen Landes, aus dem der Papst stammt, bereits ein Dementi herausgegeben und auf die falsche Zitierung hingewiesen, zumal sich die mutmaßliche Äußerung Bergoglios mittlerweile wie ein Lauffeuer verbreitet.
Auch hier http://www.patheos.com/blogs/markshea/2013/03/the-skeptical-mind-hard-at-work.html (danke an Martin Novak @Conclucio für den Hinweis!) gibt es eine Gegenstimme, wenngleich diese – meines(!) Erachtens – nicht sonderlich viel stabiler unterfüttert ist als das umstrittene Zitat selbst.
Der geneigte Leser möge sich somit nach Abwägung der beiden Seiten selbst eine Meinung bilden. Möglicherweise gibt es auch in den kommenden Tagen eine Bestätigung in irgendeine der beiden Richtungen.
Fazit
Echt oder nicht? Authentisch oder gefälscht? Dies letztgültig zu klären ist aus momentaner Sicht nur sehr schwer möglich und ich persönlich maße mir auch nicht an, dies feststellen zu können.
Fest steht jedoch zweifelsohne, dass die Wahl Jorge Bergoglios alias Franziskus keinen wesentlichen Modernisierungsschub für die katholische Kirche bedeutet.
Seine Positionen stehen bei vielen Themen – hierbei ist die Quellenlage unwidersprochen – klar im Widerspruch gegen gesellschaftliche Weiterentwicklungen, etwa bei der Gleichstellung Homosexueller, der Selbstbestimmung der Frau bei Schwangerschaftsabbrüchen und vielem mehr.
Aber was soll’s. Der Mann ist 76 Jahre alt, gesundheitlich angeschlagen (im Alter von 21 Jahren hat er etwa bereits eine halbe Lunge eingebüßt), genießt in zahlreichen Punkten nicht die uneingeschränkte Zustimmung der Kurie und muss zudem einen Berg an Problemen bewältigen (Missbrauchsskandale, Vatileaks-Affäre, dubiose Vatikanbank-Verwicklungen, Mitgliederschwund, etc.).
Ich persönlich nehme an, wir werden noch in diesem Jahrzehnt ein weiteres Konklaver erleben und dann gibt es eine neue Chance für die katholische Kirche, zumindest einen ersten zögerlichen Schritt auf dem Weg ins 21. Jahrhundert gehen zu können.