Das Ende der Sommerloch-Farce „Michael Jackson-Tribute“
Das heurige News-Sommerloch wurde mit einigen skurrilen Anekdoten befüllt. Eine der meistdiskutierten war jedoch sicherlich die Farce rund um das Michael Jackson Tribute-Konzert im Wiener Schloss Schönbrunn. Pleiten, Pech und Pannen galore.
Nach dem Tod des „King of Pop“ war die weltweite Bestürzung groß. Jeder, der einen Mund hatte, öffnete diesen, um ein paar salbungsvolle Worte über den Verblichenen zu verlieren. Auch jene, die in den letzten Jahren nahezu ausschließlich Spott und Hohn für diesen Mann übrig hatten, der kaum mehr wegen seiner Musik, sondern vielmehr mit Peinlichkeiten – nicht zuletzt oftmals im Zusammenhang mit Kindern – Schlagzeilen machte.Sein Bruder Jermaine Jackson, dem nicht unbedingt die größte persönliche Nähe zu seinem deutlich berühmteren Bruder nachgesagt wird, begann alsbald, großspurig ein Tribute-Festival anzupreisen, das er seinem geliebten Bruderherz widmen möchte. Aus irgendeinem Grund fand er als Location das Wiener Schloss Schönbrunn passend, da Michael ja irgendwann hier war und scheinbar einigermaßen wohlwollend davon gesprochen hat. Soll so sein.
Binnen weniger Wochen ging die Nachricht (eine der ersten Aussendungen Renate Brauners hier) um die Welt. Immer neue Megastars wurden namentlich angeführt und ein recht phantasievoll zusammengewürfeltes Line-Up in Aussicht gestellt. Die erwarteten Zuseherzahlen einer TV-Liverübertragung wurden auf siebenstellig beziffert und der damit einhergehende Werbeeffekt für die Stadt Wien sei auch ganz famos.
In vorauseilendem Gehorsam sprach das Wiener Rathaus das eine oder andere Machtwort, kündigte umfassende Strassensperren an und sagte zu guter Letzt eine Summe von € 600.000 zu – jedoch nicht als Subvention, sondern für „Werbemaßnahmen“, wie es seitens Rathaus und der Veranstalter Georg Kindel bzw. Jermaine Jackson hieß.
Schnell fanden sich teils gewichtige Kritiker, die eine solche Summe aus öffentlichen Fördertöpfen als deplatziert betrachteten – allerdings zu einem Zeitpunkt, wo es durchaus noch offen war, ob dieses Konzert den versprochenen Werbewert erfüllen würde können, also die Summe mehr als nur gerechtfertigt gewesen wäre. Der Werbewert für Tourismus in Wien betrüge bei einem Event dieser Größenordnung nach Expertenschätzungen aus Wirtschaft und Tourismus immerhin bis zu 100 Millionen Euro, wie Fritz Strobl, Vorsitzender des Wiener Finanz- und Wirtschaftsauschusses noch exakt drei Tage vor der endgültigen Absage stolz verkündete.
Als sich in weiterer Folge abzeichnete, dass wohl kein einziger Künstler von globalem Interesse verpflichtet werden könne, erkannte die Wiener Landesregierung, dass dieses Fest – und die auch bei miesem Line-Up fälligen € 600.000 – wohl mehr zu einem Imageschaden, als zu einem Bonus führen dürfte.
Zudem regte sich immer mehr der vielzitierte „Volkszorn“ in Form von wenig wohlwollender Berichterstattung in diversen Kleinformaten, was dann auch die Rechtspopulisten von FPÖ und BZÖ verstärkt auf den Plan rief (Stefan Petzner sieht sich übrigens laut Presseaussendung vom 11.09. in seiner gewohnt herrlich-amüsanten Selbstüberschätzung als „Retter der 600.000 Steuergeld“).
Schnell stand mehr oder weniger zweifelsfrei fest, dass dieses Konzert sehr wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise die Aufmerksamkeitswirkung entfalten würde können, die Kindel und Jackson gebetsmühlenartig prophezeiten und eine Absage wurde immer wahrscheinlicher.
Aus und vorbei
Ironischerweise pünktlich an 9/11 kam dann – der Absturz: Jermaine Jackson und Organisator Georg Kindel riefen kurzerhand eine Pressekonferenz ein und verkündeten – nicht ohne eine gehörige Portion Seitenhiebe Richtung lokaler Presse – das Aus der Veranstaltung. Als Gründe wurden nicht etwa unzureichendes Network in der Musikszene, mangelnde Projektkompetenz oder fehlende finanzielle Mittel angeführt, sondern organisatorische Schwierigkeiten aufgrund der kurzen Zeit und – eines meiner Lieblingsargumente – die böse Berichterstattung in den österreichischen Medien.
Abseits der Pressekonferenz wollte dann übringes die Opposition noch ein kleines Skandälchen initiieren, das auf dem Umstand basieren hätte sollen, dass Renate Brauner die finanzielle Unterstützung erst medienwirksam zurückgezogen habe, als sie bereits von der Absage wusste. Nunja. Die Relevanz hält sich in überschaubaren Grenzen.
Fazit
Schade um eine verpasste Chance, Wien international auf diesem Wege touristisch zu bewerben. Schade aber auch, dass es kein Benefiz-Event werden hätte sollen. Danke für die genutzte Chance, halbwegs rechtzeitig eine Blamage vor den Augen der Weltöffentlichkeit zu verhindern.
Als Ersatztermin wurde der 5. Juni 2010 genannt, an dem das Konzert dann jedoch nicht mehr auf heimischem Boden, sondern vielmehr im Wembley-Stadion in London stattfinden soll – der Stadt, in der der Auftakt zu einer Comeback-Konzertreihe für Michael Jacksons geplant war, auf der er sich am 13. Juli 2009 aus dem Abseits zurückmelden wollte.
Bekanntlich erreichte er das Jenseits lediglich drei Wochen davor, am 25. Juni 2009.
Nachtrag: Wien ist ja bekanntlich anders, also können die enttäuschten Michael Jackson-Fans selbst in Wien auf einem Tribute Trost finden… Herzlichen Dank für den Fund an ViceAustria